Monatliches Archiv:Juli 2020

Ein guter Tag beginnt mit einer erholsamen Nacht

erschienen im Hinterländer Anzeiger am 30.05.20

Abends schlecht einschlafen, nachts sich im Bett hin und her wälzen und Alpträume haben ist oft ein Anzeichen für eine Reizüberflutung während des Tages. Wir haben den Eindruck, die Kontrolle über unser Leben zu verlieren. Es schleicht sich das Gefühl ein, nicht mehr Herr (oder Frau) der Lage zu sein. Es ist innerlicher Stress, der uns nicht schlafen lässt.

Wenn es darum geht, ein gutes Nervenkostüm zu haben, steht der erholsame Schlaf an erster Stelle. Ausgeschlafen sind wir für die Herausforderungen des Tages gut gerüstet. Zusätzlich stärkt ein guter Schlaf unser Immunsystem.

Menschen, die mit Ein- und Durchschlafstörungen zu kämpfen haben, werden oft wütend über diese Situation. Wut lässt uns aber wieder wach werden. Also lieber die Situation akzeptieren und aufstehen. Wir können dann z.B. eine warme Milch mit Honig trinken. Der Honig lässt den Insulinspiegel steigen, die Aminosäure Tryptophan aus der Milch gelangt ins Gehirn und wird in das Hormon Serotonin umgewandelt. Dies hilft den Körper zu entspannen. Als nächsten Schritt wird dann weiter im  Zusammenspiel mit Dunkelheit aus dem Serotonin das Schlafhormon Melatonin gebildet und damit das Einschlafen erleichtert.

Auch im Vorfeld können wir viel für Ihre selige Nachtruhe tun. Hilfreich ist, früh genug Stressoren zu vermeiden. Aber was sind Stressoren? Es sind z.B. aufregende Gespräche über Krisen-Themen. Aber auch Politsendungen, in den angeregt diskutiert wird. Auch hier bilden sich Stresshormone, die oft unbemerkt den Blutdruck steigen, das Herz rasen oder die Muskel im Hals- Nackenbereich anspannen lassen. 

Oft sind wir aber fest davon überzeugt, dass der Konsums reizender Medien für uns kein Problem darstellt, weil wir erst einmal keine Veränderung in uns wahrnehmen. Aber achten Sie bitte einmal auf Ihren Gemütszustand; insbesondere am nächsten Morgen. Wachen Sie glücklich und zufrieden auf? Sehen Sie dem Tag positiv entgegen? Wahrscheinlich nicht. Wenn wir schlecht gelaunt oder ängstlich einschlafen, wachen wir mit diesen Empfindungen auch wieder auf. 

Zusätzlich hält Licht uns wach. Auch das Licht, welches vom Fernsehgerät ausgestrahlt wird. Für einen gesunden Schlaf-Wachrythmus benötigen wir unbedingt die wechselnde Wahrnehmung von Licht und Dunkelheit, so wie es uns die Natur mit Sonnenaufgang und -untergang ja vorgibt.

Tageslicht hat einen großen Blauanteil. Er wird über die Augen aufgenommen, im Gehirn verarbeitet und hält uns munter.

Dieser Blauanteil wird von allem, was einen Bildschirm hat, ebenfalls ausgesendet. Also bleiben wir vor Tablet, Smartphone und TV länger wach, als es gut für uns ist. Also abends rechtzeitig diese Geräte abschalten.

Besser ist es, einen kleinen Abendspaziergang zu unternehmen. Dabei ist es unwichtig wie weit wir gehen. Es geht darum, daß unsere Augen das veränderte Licht wahrnehmen. Abends nimmt der Blauanteil des Lichtes ab und der Rotanteil steigt, was die Bildung des Schlafhormons anregt.

Wenn Sie so spät nicht mehr rausgehen möchten, hilft es auch dem Fenster zu sehen und dabei die Zimmerbeleuchtung auszuschalten.

Dies ist vorerst der letzte Teil dieser Serie „In Krisen-Zeiten zur Ruhe finden“. Mehr zu den Themen Entspannung und Waldbaden, finden sie unter meiner Homepage www.shinrin.de.

So möchte ich mit einem Zitat von John F. Kennedy enden:

„Im chinesischen besteht das Wort Krise aus zwei Schriftzeichen – das eine bedeutet Gefahr, dass andere Gelegenheit.“

Raus aus dem Tunnel-Blick & die innere Freiheit spüren

erschienen im Hinterländer Anzeiger am 23. Mai 2020

Sind wir mit einer Krise konfrontiert, laufen verschiedensten Stressreaktionen in unserem Körper ganz unbewusst und voll automatisch ab. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, die Muskeln werden angespannt. Der Körper ist so für einen Kampf oder für eine Flucht perfekt vorbereitet.

Damals, als dieser Automatismus entstand, war er sehr sinnvoll. Wir existierten zu dieser Zeit noch unter wilden Tieren und den bedrohlichen Urgewalten der Natur. Nun leben wir jetzt im 21. Jahrhundert. Diesen Bedrohungen sind wir heute nicht mehr ausgesetzt. Aber unser Körper und seine Stressreaktionen stammen noch aus dieser Epoche. 

In der Stress-Forschung wurde belegt, dass ein zusätzliches Symptom von Stress, dass Entstehen eines sogenannten „Tunnelblickes“ ist. Ein Problem wird dann fokussiert und erhält so unsere volle Aufmerksamkeit. 

Im Falle der Bedrohung eines wilden Tieres war das sehr hilfreich. Durch den Tunnelblick hatten wir die Konzentration auf das Tier gerichtet. Wir sind dann vor ihm geflohen. Diese Bedrohung war kurz, die ganz Lösung einfach. Wir retteten unser Leben und danach entspannten wir unter dem Schutz von Bäumen.

Bei länger anhaltenden Krisen ist es nicht ganz so einfach. Der Tunnelblick, welcher für kurze Phasen des Stresses hilfreich ist, wird zu einem zusätzlichen Problem.

Ist die Sicht eingeschränkt, finden wir keine Lösungen. Es gibt nicht umsonst Sprüche wie „den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen“ oder „etwas völlig aus den Augen zu verlieren“.

Nach einer Weile bekommen wir allmählich ein „Schwarz-Weiß-Denken“ oder ein „Alles-Oder-Nichts-Denken“. Dann ist unsere Sicht auf die Dinge sehr beengt geworden. Wir nehmen nichts anderes mehr so richtig war. Etwas Positives oder Schönes wird nicht mehr gesehen und geschätzt. Wir erfreuen uns daran nicht mehr. Das kostet uns unsere Lebensqualität. Aber es gibt Lösungen, um diesem Phänomen entkommen zu können.

Lösung 1: Den Blick auf ein Thema verändern. Wir nehmen sehr schnell nur noch das Schlechte einer Situation wahr. Aber jede Medaille hat bekannterweise zwei Seiten. Finden Sie die positiven Auswirkungen eines Umstandes. Auch wenn die Suche danach etwas dauern kann. Aber positives Denken hilft!

Der Körper, der Geist und die Seele sind eine Einheit. Verändern wir das Befinden von einem der drei Anteile, so hat es eine direkte Auswirkung auf die anderen zwei. Ein Beispiel: Wenn wir krank sind (Körper), neigen wir zu negativen Gedanken (Geist) und wir bekommen daraufhin schlechte Laune (Seele). 

Also kommen wir zur Lösung 2: Wir benutzen unseren Körper, in diesem Fall unsere Augen, um uns freier zu fühlen. Zuerst beobachten Sie bitte Ihre Atmung. Das geht mit geschlossenen Augen am einfachsten. Nehmen Sie das heben und senken des Brustkorbes war. Bewerten Sie nichts. Nach ein paar Atemzügen werden Sie schon ruhiger. Öffnen Sie Ihre Augen und schauen Sie aus dem Fenster. Schauen Sie in die Ferne. Hilfreich ist es auch, in den Himmel zu sehen. Beobachten Sie die Wolken, wie Sie an Ihnen immer weiter vorbeiziehen.

Diese Übung, direkt in der Natur umgesetzt, verstärkt das befreiende Gefühl. Insbesondere eine Waldumgebung wirkt sehr unterstützend. Die Reize des Waldes beruhigen uns über die Sinne zusätzlich. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf einen entfernt stehenden Baum und lassen Sie dann den Blick umherschweifen.

Der Tunnelblick ist verschwunden und die innere Freiheit wieder wahrnehmbar.

Angst loslassen lernen

erschienen im Hinterländer Anzeiger am 16. Mai 2020

Wie in der letzten Kolumne schon erwähnt, wissen wir aus Forschungen der Neurowissenschaften, dass wir zu ca. 90 % jeden Tag die selben Gedanken denken. Es sind immer wieder die selben „Datenautobahnen“, welche aktiviert werden.

In Krisen-Zeiten sind Gedanken, welche sich mit Sorgen beschäftigen völlig verständlich. Es ist der Wunsch nach Sicherheit und Kontrolle, der uns in diesen Modus versetzt.

Weil wir immer hilfloser nach Auswegen suchen, reden wir ständig über dasselbe Thema, sammeln Fakten und konsumieren mehr Nachrichten, als es für uns gut ist.

Wir bleiben so in einem ständigen Alarm-Zustand. Und je länger die Lage so bleibt, umso schwieriger der Ausstieg, denn wir haben uns auf einmal daran gewöhnt. Die oben erwähnten „Datenautobahnen“ werden nach einiger Zeit von einem Feldweg zur Autobahn.

Es wird heute davon ausgegangen, wenn wir etwas ca. 30 Tage lang wiederholen, es nach dieser Zeit zu einer Gewohnheit geworden ist. Wir haben uns so selbst dazu trainiert, z.B. morgens als erstes das Smartphone anzuschalten.

Und das gilt auch für Angst-Gedanken. Sie werden nach einiger Zeit zur Gewohnheit. Aber ängstliche Gedanken überfluten den Körper mit Stresshormonen. Stresshormone sorgen u. a. dafür, dass sich verschiedene Muskulaturen verkrampfen. Das ist ein zusätzlicher Grund für Rücken-, Kopf- und Nackenschmerzen. Selbst unsere Hände verkrampfen wir unbewusst.

Fassen wir zusammen: Die Gedanken finden keinen Ausweg aus dem „Angst-Modus“ und unser Körper gibt uns mit Verkrampfungen das Signal, dass es uns nicht gut geht. Wir scheinen hilflos ausgeliefert zu sein. Das entspricht aber nicht der Wahrheit. Was man sich antrainiert hat, kann man auch wieder loslassen üben.

Teil 1 der Lösung: Um Angst loslassen zu können, müssen wir lernen, Dinge die uns Angst machen zu meiden, damit sich unser Geist wieder den positiven Gedanken zuwenden kann. Wir programmieren unsere Gedanken nach einiger Zeit sozusagen um. Weg von der Angst, hin z.B. zur Hoffnung.

Und zum Loslassen benutzen wir einen mentalen Trick. Sie haben bestimmt schon von „Fantasiereisen“ gehört. Eine Entspannungsmethode, mit der wir durch Bilder und sogenannte „Prozesswörter“ entspannen können. Wir machen es uns zu nutze, das unser Unterbewusstsein in Bilder „denkt“ und das Wörter innere Prozesse auslösen.

Aber wer meint das wäre albern und funktioniert nicht: Wir sehen uns einen Liebesfilm an um Liebe zu spüren und einen Horrorfilm um einen Adrenalin-Kick zu bekommen. Also genau dasselbe Prinzip: wir nutzen Bilder, um eine Wirkung in uns erzeugen.

Teil 2 der Lösung: Gehen sie in die Natur und suchen sich eine Fluss oder einen Bach. Stellen sie sich davor und lassen Ihren Atem immer ruhiger werden. Schauen Sie ohne Bewertung in das Wasser. Und stellen Sie sich vor, wie Ihre Sorgen und Ängste davon gespült werden. Das machen Sie so langen, bis Sie eine Erleichterung verspüren.

Falls Sie nicht wissen, wo und wie Sie diese Technik ausprobieren können, finden Sie auf meiner Homepage eine kostenfreie Flussmeditation zum Loslassen auf www.shinrin.de unter dem Menü „Meditation/Achtsamkeit“.

Das hat den Vorteil, dass Sie diese Entspannung abends vor dem Einschlafen anhören können und so besser in den Schlaf finden.

Diese Flussmeditation können Sie auch gern über Ihr Smartphone (aber bitte den Klingelton ausstellen) in der Natur anhören. Die natürliche Umgebung lässt uns instinktiv ruhiger werden und wir können uns so leichter auf Entspannung einstellen.

Das Gedanken-Karussell anhalten

erschienen im Hinterländer Anzeiger am 09. Mai 2020

Untersuchungen zur Folge denkt der Mensch 60.000-70.000 Gedanken am Tag. Spannend ist, dass herausgefunden wurde, diese Gedanken sind zwischen 90-95 % die selben wie am Vortag. Es bleibt lediglich ein kleines Fenster von 5-10 % für neue Gedanken. 

In Krisen-Zeiten meinen wir, uns dadurch schützen zu können, dass wir möglichst keine Informationen verpassen, um rechtzeitig darauf reagieren zu können. Deshalb lassen wir den ganzen Tag Radios, Fernseher und Smartphones eingeschaltet. 

Das hat aber einen hohen Preis: wir finden aus unserem Gedanken-Karussell nicht heraus. Wir haben schliesslich 90 % alte Gedanken + 10 % neue Gedanken. Nur die neuen Gedanken beschäftigen sich dann ebenfalls mit dem selben Krisen-Thema. Es bleibt kein Platz mehr für positive Gedanken. Das wiederum hält unseren inneren Stress aufrecht. Dadurch wird das sogenannte „sympathische Nervensystem“ aktiviert, es gelangen zu viel Stresshormone, wie Cortisol und Adrenalin ins Blut, die dafür sorgen, dass u.a. im Körper auch die Immunabwehr heruntergefahren wird. Aber gerade ein gut funktionierendes Immunssystem, benötigen wir dringend. 

Erkennen Sie das Problem? Wir möchten uns mit unseren Gedanken und den angesammelten Informationen helfen und schützen, aber wir schwächen wir uns damit. 

Hier heisst es aus den Gedanken aussteigen und zur Ruhe finden. Dann kann der Körper die Stresshormone wieder abbauen und in seine natürliche Balance finden.

Eine grosse Hilfe bietet der Wald. Untersuchungen zum Thema „Waldbaden“ haben gezeigt, dass der Vagus-Nerv durch die Reize in der Natur, stimuliert wird. Dieser Gehirn-Nerv gehört zu dem „parasympathischen Nervensystem“, dem Gegenspieler des „sympathischen Nervensystems“. Wird er aktiviert, finden wir innerlich zur Ruhe und zudem wird die Immunabwehr gestärkt. 

Aber was ist „Waldbaden“ überhaupt? Wo ist der Unterschied zu einem Waldspaziergang? Der große Geheimnis ist hier „Achtsamkeit“.

Unser Körper kann kaum unterscheiden, ob man eine negative Situation real erlebt, oder ob man nur an sie denkt! In beiden Fällen werden Stresshormone ausgeschüttet. 

Wenn wir in den Wald gehen und unsere Gedanken kreisen ständig um Krisen-Themen, so ist es schwierig, in eine innere Ruhe zu kommen. Wir sind nicht achtsam im Hier und Jetzt. 

Wenn wir z.B. mit einer weiteren Person spazieren gehen, und wir diskutieren während des Waldaufenthaltes über Probleme, dann ist Ruhe unmöglich. Der Auto-Pilot wird unbemerkt eingeschaltet, und die wunderschöne Natur wird nicht wahrgenommen. 

Die Lösung ist: 1. nicht diskutieren und 2. aus den eigenen Gedanken aussteigen. 

Punkt 1 ist einfach umzusetzen. Entweder Sie treffen eine Vereinbarung mit Ihrer Begleitung, dass sie schweigend durch den Wald gehen, oder noch einfacher, sie gehen allein. Punkt 2 ist aus den Gedanken auszusteigen. Das erfordert etwas Übung, geht aber recht einfach. Probieren Sie es doch gleich aus: Schliessen Sie Ihre Augen, um sich besser zu konzentrieren. Jetzt gehen Sie mit Ihrer Konzentration zu Ihrer rechten Hand. Nehmen Sie sie nur wahr, denken sie nicht. Spüren und fühlen Sie sie einfach, völlig beurteilungsfrei und versuchen Sie die Handinnenfläche wahrzunehmen. Machen Sie das ein paar Minuten. Dann öffnen Sie Ihre Augen.

Sie werden feststellen, die Gedanken sind ruhiger geworden.

Sie können diese Übung im Wald durchführen, oder auch zur Unterstützung beim Einschlafen. Viel Freude und Erleichterung, Ihre Susanne Enners, Entspannungs-Trainerin bei der VHS